AUSGABE Winter 2020

 

Nachfühlbar und sichtbar


Meine Ideen zu Klinkeroberflächen

01
Von rau zu glatt zu exakt

Als der Mensch in der Jungsteinzeit angekommen war, baute er nicht nur selbständig Nutzpflanzen an, sondern er trocknete auch aus Lehm geformte Ziegel. Handgemacht und mit rauer Oberfläche. Die Grundlage unserer heutigen Klinker war – noch ohne das Brennen – gelegt. Vor ungefähr 10.000 Jahren!

Wirklich spannend wurde es, als Feuer ins Spiel kam. Das war um 4.000 vor Christus. Jetzt waren die Steine durch das Brennen witterungsbeständig und sie waren durch Holzformen »genormt« und glatter. Die Häuser hatten allerdings bis zu einen Meter dicke Mauern, das sogenannte Vollmauerwerk. Steine, die nah am Feuer gebrannt waren, lagen dabei außen.

 

Wunderschöne historische Klinker-Bauten

Schnell wurde es in der Backstein-Produktion nicht nur effizient, sondern auch technisch anspruchsvoll: Sie kennen sicher die Konstantinbasilika in Trier, vielleicht auch das Samaniden-Mausoleum. Was hier mit Backsteinen vor rund 1.000 Jahren geschaffen wurde, fasziniert mich noch heute.

Ein Meilenstein war dann die Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Der Ton wurde gepresst und vakuumiert, Löcher für besseres Trocknen und Brennen eingebracht. Und die Oberfläche war rein, glatt und ganz eben. Gerade, exakte Steine in Einzelfarbtönen, meist Rot – das war lange der Renner.

 

Revolutionäre Ausführungen mit Klinkern

Architektonisch aber gab es viel Schönes und Kunstvolles. Mich beeindrucken noch heute vor allem die Bauten von Frank Lloyd Wright aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Der unverfälschte Umgang mit den Oberflächenstrukturen und Farben der Klinker spricht mich sehr an. Auch deshalb beschäftige ich mich gern mit individuellen Klinkeroberflächen.

Ich lese gerade

Frank Lloyd Wright: Häuser.
Deutsche Verlags-Anstalt, München, 2006


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Meine fünf Varianten in der Oberfläche

Klinkoskop

Machen Sie sich ein genaues Bild von meinen fünf Oberflächen.


Sprechende Oberflächen

Klinker haben allein über ihre Oberfläche eine ganz eigene Geschichte. Ich gehe gern ganz dicht dran an die Steine, sehe und fühle die verschiedenen Strukturen und Körnungen und erspüre den Charakter eines jeden einzelnen Klinkers.

Sand und Nadelwald? Genau: Meine Klinker mit besandeter Oberfläche orientieren sich an den alten Handformziegeln. Konkret dient der Sand als Trennmittel und gibt dabei dem Stein seine besondere Haptik und die vornehme, matte Zurückhaltung.

Im Gegensatz dazu ist der strukturierte Klinker ein stranggepresster Stein, dessen industrieller, glatter Oberfläche wieder mehr Rustikalität gegeben wird. Das Tolle: Jede Ziegelei hat ihre eigene Struktur, wie ein unverwechselbarer Fingerabdruck – oder das Muster im Kilt eines Schotten. Bei meiner Ziegelei ist es die Optik eines Nadelwaldes. Und auch Wasser spielt eine große Rolle.

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Im Wasser entstanden

Wasser: unbändige Kraft, formgebendes Element. Wer schon einmal am Strand von Sylt gestanden, dem Wasser der Niagara Falls zugesehen oder an den Klippen der englischen Küste hinuntergeblickt hat, weiß, was ich meine.

Kraft des Wassers

In meinem Wasserstrichverfahren mache ich mir die Kraft des Wasser zu Nutze: Weicher Ton, der zuvor in die Formen eingestrichen wurde, wird unter fließendem Wasser aus den Formen hinausgestempelt. Der Wasserfluss auf dem Ton ist nicht steuerbar, das Wasser fließt, wie und wohin es will.

Mein »roseus«

Wasserstrich-Klinker im Video ansehen


Deshalb ist jede Oberfläche jedes einzelnen Wasserstrich-Klinkers wahrhaftig einzigartig. So wie das Wasser den Stein trifft, so wird der Abdruck auch nach dem Brand aussehen. Die Spuren des Wassers sind im Klinker eingebrannt – sichtbar, fühlbar, nachverfolgbar. Das ist immer noch absolut magisch für mich!

Fußsortierung zeigen

Wussten Sie übrigens, dass Sie jeden meiner Wasserstrich-Klinker auch in Fußsortierung verarbeiten können? Die Fassade wirkt so unglaublich lebendig.

04
Vollkommen verkommen?

Wir haben schon darüber gesprochen: Mit der Industrialisierung wurden Klinker glatt, gerade, exakt. Was bedeutet das für das Produkt und letztendlich für die Architektur?

Wenn industrielle Massenproduktionen dazu führen, dass Produkte zur Vollkommenheit verkommen, ist es Zeit innezuhalten und nach der Bestimmung eines Produkts zu fragen.
 

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Vollkommenheit ist nicht immer das Richtige. Ich finde: Einem Klinker muss man ansehen, dass er ein Naturprodukt ist. Ein klassischer Strangpressklinker ist die Perfektionierung der Industrialisierung. Die Exaktheit des Klinkers hat ihren eigenen Reiz, die Zeitlosigkeit ist sein Merkmal. Und: Wer ganz genau hinsieht, erkennt: Formen und Strukturen der Natur setzen sich doch durch. Ein Klinker ist eben keine Fliese!

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Neuester Clou: meine Original Strangfuß Klinker

Das Thema der »zur Vollkommenheit verkommenen Klinker« treibt mich seit Langem um. Ich wollte eine neue Klinkeroberfläche erschaffen. Eine, die sich wieder den Anfängen der Industrialisierung annähert und damit der Unperfektheit der Oberfläche. Ein Produkt mit Seele – das ist mein Strangfuß Klinker.

Ein wesentlicher Aspekt – neben bewussten Oberflächenspuren – sind die Füße. Ich wollte sie mit einem modernen Look wieder auferstehen lassen und zwar als technisch »echte« Füße und nicht künstlich, also nachträglich aufgewalzt oder aufgedruckt. Das ist mir nach vielen Versuchen in der Produktion nun gelungen: die perfekte Kombination aus Maschinenstrang und Wasserstrich!
Auch die ungleichmäßige Anfasung gibt meinem Klinker Charakter: Die Läuferfase steht scharfkantig hervor, der gesamte Läuferfasenschnitt ist rubbelig ausgefranst.

 

Aquarelltechnik: Strukturen sichtbarer machen

Gerade in Kombination mit der von mir entwickelten Aquarelltechnik wird das Ergebnis noch deutlicher sichtbar. Denn durch das Absinken der Farbe in die Reliefs und das Sammeln der Farbpigmente in den Tälern der Oberflächen werden die Strukturen betont. So entstehen unnachahmliche Klinker – für Fassaden von morgen.

Original Strangfuß Klinker

Mehr Details zu meinen Strangfuß Klinkern


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Mein Produkt von morgen. Oder Ihres?

Was kann Keramik alles? Wo sind Grenzen und wie kann ich sie überwinden? In meiner täglichen Arbeit lote ich aus, was Keramik noch MEHR kann. Und bei diversen Versuchen gibt es oft Überraschendes – und neue Produkte!

Lassen Sie uns gemeinsam Klinker erschaffen, die Ihren Ideen entsprechen. Die gegenseitige Inspiration ist so wichtig! Entdecken wir doch zusammen, was Keramik alles kann, und welche Farben, Formen und Oberflächen möglich sind.

Fassadenkonzept

Meine Fachberater sind genau die richtigen Ansprechpartner für zum Beispiel technische Fragen rund um die Umsetzung und das Fassadenkonzept.


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